Unser Museum widmet sich auch einer ganz besonderen Eisenbahn, nämlich der ersten Eisenbahn im Gebiet der heutigen drei mitteldeutschen Bundesländer Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Der im Jahr 1836 eröffneten Tollwitz-Dürrenberger Eisenbahn.
Spätestens in den 1820er Jahren wurde für die im Jahr 1763 eröffnete Saline Dürrenberg die stete Beschaffung von notwendiger Braunkohle durch schlechte Wege- und Straßenverhältnisse, mit Pferdefuhrwerken immer problematischer. Die Saline betrieb eigene Braunkohlengruben. In der Saline wurde die Kohle unter den Siedepfannen verfeuert, in denen Sole zu Salz versotten wurde. Durch die ersten Eisenbahnen in England, wurde man bei der Salinedirektion und dem Kgl. Oberbergamt Halle auf das neue und fortschrittliche System aufmerksam. Nach Studienreisen durch England, begann man 1835 mit dem Bau einer schmalspurigen (585 mm) Eisenbahnstrecke von der Saline Dürrenberg zur Braunkohlengrube Tollwitz. Am 15. September 1836 wurde sie unter der Bezeichnung „Tollwitz-Dürrenberger Eisenbahn“ feierlich eingeweiht. Die Bahn besaß mehrere große Brücken aus Holz und Stein und einen im Gefälle und in einer Kurve liegenden Tunnel, der heute noch existiert! Zur Bauzeit im Jahr 1836 wies die Bahn alle später bei der großen Eisenbahn üblichen Merkmale auf. Tunnel, Brücken und Viadukte, Bahndämme unter-schiedlicher Größe. Was auch von der damaligen Fachpresse bemerkt wurde. Sie war die erste Eisenbahn im heutigen Großraum Leipzig/Halle. Zwischen 1836 und 1908 war die Kohleneisenbahn eine Pferdebahn, 10 Pferde standen zum Ziehen der Kohlenwagen zur Verfügung. 1906 baute die Saline ein eigenes Wasserkraftwerk an der Saale und konnte u. a. die Bahn mit 500 Volt Gleichstrom elektrifizieren. Zwei zweiachsige El-Lokomotiven der Fa. Arthur Koppel wickelten jetzt den Betrieb ab. 1922 kam eine größere vierachsige Maschine der Berliner Maschinenbau AG und 1923 eine Deutz-Benzollok dazu. Außerdem gab es noch eine Akku-Lokomotive, die für die Abfuhr der Asche genutzt wurde. Im Jahr 1836 war die Strecke 3,55 km lang, im Einstellungsjahr 1935 war sie auf 4,39 km angewachsen. In und um die Saline wuchs mit den Jahren ein Netz von Gleisen, teils auf unterschiedlichen Höhenniveaus. Die Kohle wurde neben den Siedeöfen auch für mehrere Dampfmaschinen für den Saline- und Kurbetrieb benötigt. Außerhalb der Saline entstand ein Übergabebahnhof, in dem die Züge von El-Lok auf Benzollok umgespannt wurden. Grund war das zu kleine Lichtraumprofil des Tunnels. Neben dem Übergabebahnhof entstand ein Lokomotivschuppen mit Behandlungsanlagen. Nachdem bereits im Mai 1935 zum letzten Mal Kohle in der Grube Tollwitz abgebaut wurde, stellte die Saline am 01. August 1935 den Betrieb der Strecke nach Tollwitz ein. Die Braunkohlengrube, alle Anlagen und die Bahnlinie wurden abgebrochen. Ab 1938 wurden mit einer verbliebenen Koppel El-Lokomotive nur innerhalb des Salinegeländes werksintern noch Wagen verschoben. Die Kohle wurde aber per Lkw oder über den normalspurigen Gleisanschluss der Saline angeliefert. 1963 stellte die Saline Bad Dürrenberg, nach genau 200 Jahren, ihre Produktion ein; nur ein Jahr später folgte der Kurbetrieb. Zahlreiche Relikte sind noch heute von der „Tollwitz-Dürrenberger Eisenbahn“ zu finden. Der Tunnel ist fast vollständig erhalten geblieben. Ein Gewölbebogen des steinernen Viadukts, der große Bahndamm am Ortseingang Bad Dürrenberg, weite Abschnitte der Trasse als Wanderweg, Gleisreste und die wüste Fläche der ehemaligen Braunkohlengrube Tollwitz inmitten weiter Felder. Der Tunnel wird Teil der im Jahr 2024 in Bad Dürrenberg stattfindenden Landesgartenschau Sachsen-Anhalt und dann für Besucher nebst geschichtlicher Würdigung begeh- und erlebbar sein.
Ab 2015 entstand ein getreues Modell der Tollwitz - Dürrenberger Eisenbahn, welches den Zustand um 1930 darstellt. Näheres zu der Modellanlage erfahren Sie auf dieser Seite. Die Anlage wird nebst einer geschichtlichen Ausstellung für die Dauer der Landesgartenschau 2024 in Bad Dürrenberg präsentiert.